Donnerstag, 29. Dezember 2016

Einundsechzigster Schritt: Den Weg zum Fluss wählen?


Waschmaschine kaufen oder an der Stelle auf die Waage wagen?
Brauche ich eine Waschmaschine?, war die Frage, die ich mir beim Einzug in die neue Wohnung gestellt hatte. Einerseits wollte ich mir den Platz in meinem ohne Waschmaschine großen und mit Waschmaschine kleinen Badezimmer frei halten. Andererseits wollte ich mir ein Gerät, dass in meinem Single-Haushalt nur einmal die Woche zum Einsatz käme, nicht anschaffen. Die Ressourcen für die Produktion einer solchen Maschine einzusparen, war mein Kernziel, aber wie so oft ein weiteres Ziel, mir die Frage zu beantworten: Geht das überhaupt?
Ressourcensparend wäre auch die Anschaffung eines gebrauchten Gerätes gewesen, weshalb ich zunächst darüber nachgedacht hatte. Letztlich kam die Aussicht, eine schwere Waschmaschine durch drei Stockwerke Altbauwohnung zu tragen, als nicht sehr kaufentscheidungsförderliches Argument hinzu. Was wären meine Alternativen? Die Usa ist nah, doch mit dem Waschbrett zum Fluss zu traben, hätte vermutlich ein klein wenig spleenig wirken können. Zum Glück hat Friedberg auch einen Waschsalon. 3,50 Euro pro Waschgang zzgl.Waschpulver klangen gut. Eine mittelpreisige Waschmaschine kostet ca. 350,00 Euro. Die Anschaffung hätte sich damit schon nach eineinhalb Jahren  amortisiert - bei einem Gebrauchtgerät noch früher -, was den Gang zum Waschsalon in meinen Augen unattraktiv machte. Die Anschaffung erschien fast sinnvoll, insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass ich durch die Nutzung einer Mietmaschine zum Verschleiß beitragen und damit die Zeit zur Neuanschaffung auch verkürzen würde. Theoretisch blieben nur noch die einmalige Schlepperei nach oben und das Zustellen meines Badezimmers als Argument. Praktisch blieb jedoch - der monetären Grundlage zum Trotz - der Unwillen, eine Maschine, die 6/7 der Woche ungenutzt herum stünde, anzuschaffen, unvermindert. Letztlich entschied ich mich dazu, weder zu kaufen, noch in den Waschsalon zu gehen, sondern künftig Freunde mit Waschmaschine zum Frühstück zu besuchen.

Über sechs Wochen sind seit dieser Entscheidung vergangen. In diesen sechs Wochen habe ich mich einmal zum Frühstück bei Freunden eingeladen und zum Ausgleich Brötchen mitgebracht. Ein zweites Mal lud ich mich bei meinen Eltern zum Mittagessen ein. Dieses Wochenende steht das dritte Fremdwaschen an: Jahresendwäschewaschfrühstück! Interessanterweise hat, keine Maschine im eigenen Haushalt stehen zu haben, dazu geführt, dass sich die Zeitintervalle zwischen zwei Wäschen verdoppelt haben. Ich prüfe viel gewissenhafter, ob ein Kleidungsstück tatsächlich schon gewaschen werden muss. Die Verfühung, sich sagen zu können: "Ach, das wasche ich einfach mit, damit die Maschine voll wird", fehlt zudem. Auch unter minimalistischen Aspekten war es eine gute Wahl, mich gegen eine Waschmaschine auszusprechen. Ein Gerät, das nicht existiert, kann nicht kaputt gehen, muss nicht gepflegt und nicht ersetzt werden. Das entstresst und bringt Zeit, in guter Gesellschaft zu frühstücken und zu Mittag zu essen. Alles in allem, war es die richtige Entscheidung. Meine Freunde und ich treffen uns regelmäßiger, auch die Waschmaschinen meiner Freunde werden effizienter genutzt und durch die geringeren Intervalle ist ein überraschender Umweltschutzeffekt eingetreten. Zuletzt ist das Entscheidendste jedoch: Die Kosten meiner Freunde für Backwaren haben sich reduziert, berichten sie immer wieder ganz stolz und wollen unbedingt, dass ich den Modus beibehalte.

Donnerstag, 22. Dezember 2016

Sechzigster Schritt: Einfach mal abschalten

Seit sechs Wochen der sauberste Tiefkühler meines Lebens
In einem Minimalismusforum las ich den Satz: „Seit wann ist Geiz ein Synonym für Minimalismus?“ Es war die Antwort auf die Feststellung, dass der Verzicht auf die Nutzung eines Kühlschranks Strom spart. Ich denke, Geiz und Minimalismus schließen sich aus. Zumindest dann, wenn Minimalismus als Lebenseinstellung definiert wird, und diese Lebenseinstellung zum Inhalt hat, Besitz und Konsum so klein wie nötig zu halten, um sich und die Umwelt zu entlasten.
Geiz als Anlass für eine Konsumreduktion würde den dem Äußeren nach entstehenden Minimalismus den Bedürfnissen und Zwängen einer Charaktereigenschaft unterwerfen. Eine Lebenseinstellung setzt jedoch voraus, sich frei entscheiden zu können. Zu sparen, in diesem Fall das Geld für Strom, ist eine Begleiterscheinung, aber, ganz im Gegensatz zur geiz-induzierten Konsumeinschränkung, nicht Motivation des Minimalismus. Diese Begleiterscheinung ist allerdings durchaus nicht nebensächlich, da nach ausreichender Reduktion der Hauptkostenverursacher in der Lebensführung durchaus mehr Optionen der Freizeitgestaltung entstehen, was den persönlichen Nutzen der konsum- und besitzreduzierten einfachen Lebensführung steigert. Strom zu sparen, stellt eine Einschränkung im Konsum dar, entlastet die Umwelt und ist daher unstrittig, gemäß der Eingangsdefinition, minimalistisch.
Die Antwort auf die Eingangsfrage ist also schlichtweg: Geiz kann kein Synonym für Minimalismus sein. Geld zu sparen - als Nebeneffekt der einfachen Lebensführung -, ist ein erwünschter Nebeneffekt. Strom zu sparen, ist mit der richtigen Motivation eine Option des Minimalismus.

Seit sechs Wochen zieren mein CD-Spieler und vier Würfel
die Stelle, auf der der Flatscreen Platz gefunden hätte. Sie
sind gefallen ... die Würfel!
Und nach diesem kleinen pseudo-wissenschaftlichen Exkurs sind wir auch schon beim Thema: Ich habe schon wieder Strom und Geld gespart! Spaß beiseite. Vor einem halben Jahr war ich abends müde von der Arbeit nachhause gekommen. Was ich tat, war das, was vermutlich in hunderttausenden von Haushalten abendlich passiert. Reflexartig setzte ich mich nach dem Abendessen vor den Fernseher, um mich davor bis ein Uhr wach zu halten. Völlig übermüdet machte ich mir am nächsten Morgen Gedanken, was schief gelaufen war. Der Körper sagte mir: „Ich bin müde!“ Was ich daraus schloss, war: „Bitte unterhalte mich mit etwas, das mich nicht anstrengt!“, wobei die eigentliche Message doch war: „Bitte lege mich schlafen!“
Warum habe ich meinen Körper missverstanden? Ich befürchte, die Antwort heißt Gewohnheit und fehlendes Hinterfragen. Der Alltag lässt viele Gewohnheiten entstehen. Gewohnheiten geben dem Tag Struktur und vereinfachen ihn. Ich komme von der Arbeit nachhause, esse zu Abend und setzte mich vor den Fernseher. Manche Gewohnheit ist jedoch zu hinterfragen. Ist es sinnvoll nach der Arbeit zu Abend zu essen? Gewiss. Ist es sinnvoll, sich nach dem Essen vor den Fernseher zu setzen? Möglich. Vielleicht habe ich einen Film oder eine Serie vor zu schauen, die mich unterhält. Vielleicht habe ich eine Dokumentation vor zu schauen, die mich bereichert. Ist es sinnvoll, sich auch ohne ein Ziel vor den Fernseher zu setzen? Möglicherweise nicht. Oder sich vor den Fernseher zu setzen, obwohl ich müde bin? Ganz sicher nicht. Nach diesem Tag habe ich entschlossen, TV-Asket zu werden, und nur noch fern zu schauen, wenn ich tatsächlich Lust darauf habe. Bis Anfang November kam diese Lust nur ein einziges Mal: Ich brauchte eine Beschäftigung, während ich die Wäsche von drei Wochen bügeln musste. Ohne Liam Neesons Unterstützung wäre ich wahnsinnig geworden.
Mitte November habe ich meinen Fernseher verschenkt und es damit Dennis gleich getan. Im Ergebnis bin ich wesentlich kreativer und produktiver als je zuvor, ich nutze die Zeit mit anderen Menschen viel intensiver, ich habe mehr Achtsamkeit meinem Körper gegenüber entwickelt und - das ist das Wichtigste, aber auch das Allerwichtigste - die Geldersparnis für den durch Blueray-Player, Fernseher und Kabelreceiver nicht mehr verbrauchten Strom investiere ich in eine Wäscherei mit Bügelservice.

Dienstag, 29. November 2016

Neunundfünfzigster Schritt: Den Winter zur Kühlung nutzen

Und ab aus dem Fenster damit!
Warum einen Kühlschrank im Winter nutzen?, dachte ich mir vor zwei Wochen. Da ich keine plausible Antwort fand, wagte ich das Experiment. Ich schaltete das Gerät aus.
Die Umstellungen waren überschaubar: Morgens aß ich bis dahin stets von drei offenen Brotaufstrichen, die insgesamt gut zehn Tage im Kühlschrank verweilten, ohne Schimmel anzusetzen oder zu verderben, bis sie leer waren. Zehn Tage lang angebrochene Lebensmittel ungekühlt aufbewahren, das war mir zu unsicher. Freiwillig reduzierte ich daher auf einen Brotaufstrich zur morgendlichen Auswahl, wobei die Auswahl ab diesem Zeitpunkt natürlich nicht mehr zwischen verschiedenen Sorten zu treffen war, sondern sich auf „Ein Brotaufstrich oder kein Brotaufstrich“ reduzierte.
Die ersten Tage hatte ich den Brotaufstrich tatsächlich bei Zimmertemperatur aufbewahrt, dann entsann ich mich der Eingangsfrage und hängte ihn mitsamt des angeschnittenen Gemüses und anderen, wie ich denke, kühlenswerten Lebensmitteln in einer Stofftasche aus dem Fenster in die winterliche, kühlschranktemperaturartige Luft.
Alles Gemüse lagere ich derzeit in einer Schale in der Küche und kann bislang nicht wirklich wahrnehmen, dass die Haltbarkeit geringer würde. Ich kaufe einmal bis zweimal die Woche Gemüse, wie zuvor auch.
Da ich ohnehin nur Leitungswasser trinke, ist ein Kühlen von Getränken nicht nötig. Mit einer Ausnahme: Warmes Bier schmeckt nicht einmal, wenn man erkältet ist. Aber auch dazu gibt es das Fenster, das winters einen vortrefflichen Kühlschrank abgibt.
Auch den Tiefkühler habe ich abgeklemmt. Die zwei Speiseeise, die darin gelagert waren, wurden ihrem Bestimmungszweck zugeführt. Künftig gehe ich um die Ecke in eine Eisdiele. Immerhin sind im Kilometerumkreis fußläufig vier Eisdielen zu erreichen, die jede für sich, deutlich mehr Sorten im Programm haben, als der Gefrierschrank fassen könnte. Allerdings muss ich an dieser Stelle einräumen, dass es auch nur ein Zwei-Fach-Gefrierschrank ist.
Ich koche immer für drei Tage Nudeln, Reis, Kartoffeln oder ähnliches, das ich dann zu den Malzeiten um frisches Gemüse ergänze. Hier befürchte ich, mich im Sommer umstellen zu müssen. Derzeit lagere ich die gefüllten Töpfe auf der Terrasse. Im Sommer wird es vermutlich nirgendwo in der Wohnung kalt genug sein, um meine Sättigungsbeilagen auch am dritten Tag noch vor dem Verderben zu retten, aber das ist eine andere Geschichte. Jetzt bin ich erst einmal gespannt, wie es bis Ende des Jahres weiterläuft.


PS Ein geschlossener, ausgeschalteter Kühlschrank, in dem man feldfrisches Gemüse lagert, bekommt einen hübschen Pelz im Inneren, wenn man nicht aufpasst. Seitdem ist das Gemüse in der Küche unter meiner visuellen Kontrolle. Die sind wohl nicht ganz sauber!

Freitag, 28. Oktober 2016

Alternativer Stammtisch startet in Friedberg

Guinness - seit Ende 2016 vegan
Seit dem Jahr 2013 findet bereits jährlich ein veganes Picknick auf der Friedberger Seewiese statt, zu dem sich nicht nur vegan lebende Menschen aus der Wetterau treffen, sondern unter anderen auch Wetterauerinnen und Wetterauer, die sich für Minimalismus interessieren, in der Do-it-yourself-Szene (DIY) verwurzelt sind oder einfach ökologischer leben wollen. Als das letzte Picknick im September stattgefunden hatte, waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einig, dass der gegenseitige Austausch so viele Ideen und Inspirationen mit sich bringt, dass es schade wäre, wieder 365 Tage auf das nächste Treffen warten zu müssen. Die Idee eines monatlichen After-Work-Austauschs war geboren und mit dem nahe der Seewiese gelegenen Café Kaktus in Friedberg auch schnell eine passende Location gefunden.
Die Namensgebung für den Stammtisch war nicht einfach, letztlich kamen die Initiatoren überein, dass der Begriff „Alternativ“ wieder mit einer positiven Konnotation versehen werden müsse und zu seinem Ursprung zurückgeführt.


Interessierte sind herzlich eingeladen, am Montag, den 7. November 2016, ab 19:00 Uhr, Teil des ersten Alternativen Stammtisch im CaféKaktus, Hospitalgasse 16, 61169 Friedberg, zu sein. Das Team des Cafés wird extra für den Stammtisch, der sodann jeden ersten Montag im Monat stattfinden wird, veganen Flammkuchen anbieten. Guinness vom Fass und Cappuccino mit Sojamilch werden natürlich auch angeboten.
Zur besseren Planung für die Initiatoren und das Café können sich Interessierte gerne vorab bei Andreas Arnold unter AndreasArnold@gmx.de oder Facebook melden. Ein spontanes Erscheinen ist natürlich nicht weniger willkommen.

Mittwoch, 26. Oktober 2016

Achtundfünfzigster Schritt: Weniger schleppen

Drei Umzugskisten weniger!
Ein Umzug ist - zumindest für mich - nichts Schönes. Ich nehme mir die Umgebung, in der ich mit einem Handgriff alles erreiche, was ich brauche, und platziere mich in eine neue, in der ich eine solche komfortable Wohnsituation erstmal wieder herstellen muss.
Ein Umzug bietet aber auch die Möglichkeit, den einen oder anderen Hausrat zu überdenken, der sich im Laufe der Zeit angesammelt hat. Seit Jahren sammelt mein Vater alle Zeitungsartikel, die mit mir in Verbindung stehen. Das ist sehr schön, und zudem gibt es mir die Chance nun auf eine Pressemappe zu blicken, die bis in meine künstlerischen Anfangszeiten zurückreicht. Allerdings sind es auch vier schmale Aktenordner, die Platz brauchen.
"Was ist der Kern der Zeitungsartikel?", habe ich mich gefragt. Der Inhalt oder das Papier? Die Frage war leicht zu beantworten. Ich habe sie nun alle eingescannt und auf dem Rechner gesichert. Sie sind nun nicht nur mehr dem Zerfall preisgegeben - einige begannen tatsächlich schon zu gilben -, sondern auch recherchierbar.
Eine halbe Bananenkiste weniger in die neue Wohnung zu schleppen!

Beim Verpacken meiner Schuhe ist mir aufgefallen, dass ich sehr viele Schuhe habe, deren Sinn offensichtlich nur noch war, einen Schrank zu füllen. Darunter waren Schuhe, die mir nicht mehr gefielen, solche, die ich nicht trug, weil sie unangenehm zu tragen waren, und drei paar Laufschuhe, die nach ihren 700 bis 800 Kilometern Nutzungsstrecke zwar nicht mehr zum Sport taugen, aber als Freizeitschuh nicht zu beanstanden sind. Acht Paar Schuhe habe ich nun aussortiert und werde sie zum Deutschen Roten Kreuz bringen. Auch sind wieder ein paar Kleidungsstücke in die DRK-Kiste gewandert, obwohl nach der letzten Aussortierung nicht mehr viel da war. Sichtferne Kellerschränke birgen da jedoch noch Potential.
Zwei Bananenkisten weniger in die neue Wohnung zu schleppen!

Zuletzt fielen mir beim Sichten meines Büros vier DVD-CD-Ordner in die Hände, darin zahlreiche unbeschriftete Disks, Sicherheitskopien der letzten 20 Jahre, Filme, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen hatte, und bei genauem Überlegen, vermutlich auch nicht mehr anschauen werde und vor allem zahlreiche in Formaten, die heute gar nicht mehr nutzbar sind, wie VCD und SVCD (Filme in Briefmarkengröße auf meinem Fernseher). Ich habe einen Abend lang aussortiert und gut 160 Discs weggeworfen. Natürlich nicht in den Hausmüll! Gut, erst schon in den Hausmüll. Dann hatte ich recherchiert und festgestellt, dass das Polykarbonat ein wichtiger Rohstoff ist, der nach der Müllverbrennung verloren wäre. Also habe ich die CD-s wieder rausgeholt und werde sie mit der nächsten Sendung zu recycelnder Druckerpatronen zum Recycling geben.
Eine weitere halbe Bananenkiste weniger in die neue Wohnung zu schleppen!

Fazit: Ich habe drei Kisten weniger in die neue Wohnung zu schleppen, habe etwas Gutes für die Gesellschaft getan, muss mich mit diesem unnötigen Ballast nicht mehr belasten und darüber hinaus, eine Redewendung erweitert. Immer wieder höre ich: "Was du ein Jahr nicht, genutzt hast, trenne dich davon!" Eine der unbeschrifteten CDs hatte ich bestimmt zehn Jahre nicht genutzt und bin sehr froh, sie nicht ungesichtet entsorgt zu haben. Es waren teils 15 Jahre alte Bilder meiner Kinder enthalten, von denen ich nicht einmal wusste, dass ich sie habe. Das war ein schönes halbstündiges Schwelgen in Erinnerungen, nachts um eins, bevor ich weiter Zeitungsartikel einscannen musste. Bis kurz nach drei!

Sonntag, 25. September 2016

Siebenfünfzigster Schritt: Fighting the Spider Web App!

Erstaunlich, was sich im Laufe der Jahre ansammelt. Immerhin fünf Mobiltelefone, vier davon verdienen sogar die Bezeichnung Smartphone, befanden sich in zahlreichen Schubladen meines Heims und bilden nun einen anschaulichen Stapel auf meinem Schreibtisch. Die letztgenannten vereint die erfolgreiche Installation der Spider Web App mittels mechanischer Installationsroutine. Bei den jüngeren der Geräte lohnte sich anfangs noch der Tausch des Display-Glases - kostet nur kleines Geld, und es gibt tolle Tutorials auf Youtube -, wenngleich ich unumwunden eingestehen muss, dass das noch lohnendere die Investition in eine ausreichende Schutzhülle gewesen wäre. Leider grätscht einem - Schutzhülle hin oder her - eine clevere Variante der geplanten Obsoleszens - das ist sowas wie die gentechnische Vermehrungsbremse bei den Sauriern im Jurassic Park, nur dass sie bei Handys offensichtlich funktioniert - dazwischen. Im Gegensatz zu den Feststellungen der Grünen brauchen die Handyhersteller gar keine billigen Teile verbauen. Es reicht in der Regel, ausreichend Geld in die Softwareentwicklung zu investieren, um den selben Effekt zu erreichen. Leistungsfähigere Apps erfordern vom Konsumenten leistungsfähigere Geräte, so dass erfahrungsgemäß nach spätestens zwei Jahren Arbeitsspeicher und Prozessoren völlig überfordert sind, neue Betriebssysteme nötig werden, die mit den "alten" Geräten nicht betriebsfähig sind, und die gewohnten Apps nur noch für die neuen Generationen aktualisiert werden. Wer es da nicht schafft, rechtzeitig abzuspringen, ist verdammt bis zum Ende des Smartphonezeitalters an den Zitzen der Hersteller zu nuckeln. Vorweggenommen: Ich bin der Brust von Samsung und Co. auch noch nicht entwöhnt. Bislang habe ich alle zwei Jahre die Nerven verloren! Aber ich mühe mich ...

Was jedoch tun mit den traurigen Zeugnissen des persönlichen Ausgeliefertseins. Seltene Erden, Edelmetalle, all das sind Baustoffe der Smarties, die nicht nur für große Umweltschäden verantwortlich, sondern gerade auch Paradebeispiele unseres ausbeuterischen Systems sind. Gut 100 Millionen Alt-Handys liegen bundesweit in den Schubladen rum. Vor fünf Jahren waren es noch 15 Prozent weniger, Tendenz Jahr für Jahr offenbar steigend. Es wäre Mensch und Umwelt einiges Gutes getan, wenn diese Riesenmenge in die Wertstoffrückgewinnung gelänge. Hier wäre das Umweltbundesamt mit einer Aufklärungskampagne gefordert, aber auch wir persönlich und mein Haushalt ganz offenbar ganz besonders.
Eine Möglichkeit ist die kostenlose Abgabe beim lokalen Wertstoffhof, eine andere die bei einem Recycling-Ankäufer. Gerade bei neueren Modellen kommen da durchaus ein paar Euro zusammen. Und wer es ganz richtig machen will - meiner persönlichen Ansicht nach -, der kann sie der Althandy-Initiative der Deutschen Umwelthilfe zukommen lassen, die das Geld, das sie einbringen, Umweltprojekten zugute kommen lassen, oder der Handy-Aktion, die primär von kirchlichen Institutionen getragen wird und deren Ziel u. a. auf Aufklärungsarbeit im Hinblick auf den verantwortungsbewussten Konsum ausgerichtet ist. Letztgenanntes wäre wohl was für mich. Aber ich habe ja noch zwei Jahre Zeit, bis es bei meinem neuen so weit ist. Hoffe ich!

Mittwoch, 10. August 2016

Sechsundfünfzigster Schritt: Der ökologischste Rucksack der Welt

Sommer ist Reisezeit! Früher bedeutete das: Fernziel suchen, Flieger buchen und mit gepacktem Koffer ab zum Flughafen. Mittlerweile sind Fernreisen nicht mehr mein Ding. Zum einen, weil ich die Flugreise aufgrund seiner hohen CO2-Emission nicht mehr unternehmen möchte und zum anderen, weil ich für mich festgestellt habe, wie unsinnig es ist, für wenige Tage in die Ferne zu reisen, wenn ich doch so viele mit der Bahn erreichbare besuchenswerte Ziele in meiner Umgebung noch nicht bereist habe. Das Problem ist nur: Für zwei Wochen Urlaub auf Fuerte Ventura habe ich einen großen Hartschalenkoffer, für vier Tage Berlin nicht eine einzige Tasche, die groß genug wäre.
Also habe ich mich auf die Suche gemacht. Der Rucksack sollte keine Lederapplikationen haben, war ein Ziel meiner Suche, ein zweites natürlich, dass der Rucksack plastik- und schadstofffrei (siehe Ökotest, Mai 2015) ist, bevorzugt aus Leinen, und das dritte Ziel war, er soll fair und nicht in irgendwelchen Sweatshops produziert worden sein.


Den ersten Rucksack fand ich im Avocadostore. Er ist aus Leinen und Kork, somit nachhaltig, und er ist sogar fair produziert. Leider hat er nur ein Volumen von 15 Litern, was für meine geplante Reisedauer zu gering sein würde. Leider fand sich kein zweiter, der für mehr als eine Tagesreise tauglich wäre.


Ich suchte weiter und fand den Quadra Desert Canvas Backpack, zu 100% aus Leinen. Toll, dachte ich zunächst. Als ich dann aber den Preis sah, hatte es sich schon erledigt. Bei Endverbraucherkosten von teils unter 30 Euro für den mit 18 Liter allerdings auch ebenfalls zu gering dimensionierten Rucksack, kann ich mir die Anfrage beim Vertieb sparen, ob das Produkt fair produziert ist.


Mit einem 40-Liter-Fassungsvermögen kam ich mit einem Bundeswehrrucksack aus 100%Baumwolle zumindest nahe an mein angestrebtes Volumen heran. 60-Liter hätte ich gerne haben wollen. Der Preis war in gleicher Größenordnung wie der des Quadra. Ich dachte jedoch, es sei ein gebrauchter Rucksack aus alten BW-Beständen, was den Preis erklärt hätte. Bei genauerem Blick stellte es sich als Neuware der Firma "Brandit" heraus. Ich war skeptisch, und konnte auch nirgendwo im Internet herausfinden, wo die Firma herstellen lässt. Schade.




Größere Rucksäcke aus den erwünschten Materialien gab ich nach einer Weile erfolglos auf zu suchen. Also dachte ich mir: Wenn schon nichts größeres ohne Plastik zu haben ist, warum dann nicht 100% Re- oder Upcycling, wie ich es auch mit meinen immer noch im Gebrauch befindlichen Schuhen gemacht hatte? Mit der Eingabe von "Rucksack Recycling" in der Suchmaschine wurde ich schnell fündig. Ich fand bei Dawanda den Nessie XL, der aus einer ganzen Armada upgecycelter Ausgangsstoffe herkommt: Teichfolie, Werbeplane, Autogurt ... Tolle Idee. Leider hat er weniger als 40 Liter-Fassungsvermögen, und einen größeren gab es leider nicht im Programm.




Zu diesem Zeitpunkt waren gut zwei Stunden Recherche im Internet vergangen, und ich entsann mich, welcher Rucksack der definitiv ökologischste der Welt wäre: Der Nicht-Gekaufte! Ich war so darauf versessen, einen Rucksack zu finden, der mein ökologisches Gewissen befriedigt, dass ich mir nicht die Frage stellte, wie sinnvoll es überhaupt wäre, einen Rucksack zu kaufen, den ich allenthalben zweimal im Jahr in diesem Volumen benötigen würde. Also rief ich Dennis an, und fragte, ob er mir seinen Rucksack für vier Tage leihen würde. Die Antwort: Na, klar! 
Zeitaufwandsvergleich: Eine Minute für's Nachdenken und eine Frage Stellen gegen zwei Stunden Recherche ohne befriedigendes Ergebnis. Denken kann ja so was von effektiv und effizient sein. Mache ich künftig öfter! 
Sollte jemand einen 40-Liter-Rucksack suchen: Bitte bedient euch gerne meiner Zwischenergebnisse. Dann ist meine Zeit wenigstens nicht umsonst investiert ;-)



Mittwoch, 20. Juli 2016

Fünfundfünfzigster Schritt: Auf der Jagd sein

Sneaker sind lautlos, unauffällig und somit schwer zu entdecken!
Sie sehen aus wie normale Socken. Sie haben einen kurzen Schaft, was sie als der Gattung "Sneaker" zugehörig ausweist. "To sneak" heißt so viel wie "schleichen", was erklären mag, weshalb sich die Strümpfe meines Begehrs so lautlos im Netz bewegen. 
Ich war auf der Suche nach Baumwollsocken, die plastikfrei sind und deren Baumwolle ökologisch produziert wurde. Einfach googeln, sagte ich mir. Ja, ja, nach gut eineinhalb Stunden musste ich dann korrigieren und strich das "Einfach"! Tatsächlich fand ich nur eine einzige Socke, die sich trotz ausgezeichneter Biobaumwolle nicht so oder ähnlich in der Zusammensetzung präsentierte: 78 % Baumwolle, 19% Polyester, 2% Polyamid, 1% Elasthan. Biowolle in einer Plastiktüte wollte ich mir nicht über die Füße streifen. Das hebe ich mir für den Moment auf, sollte ich mal auf einer einsamen Insel stranden und mit einem kaputten Basketball zu reden beginnen. Fündig wurde ich dann bei Fairtradebar. Und im Drive-by-Shopping auf dem Weg zum Ziel schoss ich mir dann auch noch die vermutlich einzige reine Bio-Baumwoll-Sommer-Beanie im gesamten Internet und ein Exemplar der seltenen Gattung der reinen Bio-Baumwoll-Shorts. So viel zum Thema Minimalismus und Konsumverzicht. Dafür schaue ich die Woche einfach kein fern. So!

Mittwoch, 15. Juni 2016

Vierundfünfzigster Schritt: Schneeeruptionen mit Seife auslösen

Nur zwei Zutaten und zwei Arbeitsgeräte bis zur Flüssigseife
Okay, ich selbst bin da völlig entspannt, doch ich redete mir ein, dass die Gäste auf dem mit gleichem Namen beginnenden WC vielleicht nicht unbedingt dasselbe Stück Seife nehmen wollen würden, dass wir alle nehmen. Ihr wisst schon, so ein vormals einfarbig helles Stück duftender Seife, das nach ein paar Tagen aussieht, als sei sie ein Stück Marmor. Also nahm ich einen alten Handcremespender und mir die Zeit, Flüssigseife zu machen. Ich hatte verschiedene Quellen im Internet gesichtet, aber was wäre ich für ein Mensch, wenn ich eine Vorlage bräuchte. Seife und Wasser sowie Raspel und Mixer, was sonst sollte ich benötigen? Ich raspelte einen 100g-Seifenblock, gab einen Liter Wasser aus dem Wasserkocher heiß hinzu und verquirlte das Ganze mit dem Schneebesen . Bis hierhin ging alles gut. Ich hatte nun einen Liter Wasser, in dem 100 g Seifenflocken schwammen. Toll! Nur leider sehr fern von Flüssigseife! Sollte ich doch nach einem Rezept schauen? Bob, der Baumeister erschien auf meiner linken Schulter, Luigi und Mario auf meiner rechten. Alle drei schüttelten energisch mit dem Kopf. Dann kam mir die Idee, jenen Liter Wasser mit den arglos darin herumschwimmenden Seifenflocken in den Mixer zu geben. Nun folgt auch die ersehnte Erklärung zur Überschrift dieses Blogeintrags. Die Seifenflocken fanden
Flüssigseife eruptiert wie weiße Lava
das toll. Sie umschlossen nun in einem wilden Tanz, den ich sonst nur von Derwischen erwarten würde, alle Luftblasen, die der Mixer einsog, und natürlich auch - das dahingegen erwünscht - auch das heiße Wasser. Ich konnte zuschauen, wie sich das Volumen vergrößerte. Allerdings nicht lang, denn wenige Sekunden später wisch die Verwunderung dem Entsetzen, als die Schneeeruption aus dem Mixer ausbrach und versuchte, über die Arbeitsplatte der Küche und den Boden in die Freiheit zu gelangen. Mit Mühe gelang es mir, den glitschigen Weg zum Mixer zu überwinden und ihn auszuschalten. Luigi und Mario schüttelten mit dem Kopf und verließen lachend meine Schulter. Ich rettete, was ich retten konnte, und was ich retten konnte, hatte eine wirklich tolle cremige Konsistenz. Ich rührte für die Rückfettung noch etwas Olivenöl unter, was nun auch noch einen angenehmen Geruch hinzusteuerte. Für meinen kleinen ehemaligen Handcremespender war es natürlich knapp zehnmal zu viel, was ich mit einer einfachen Berechnung auch vorher hätte feststellen können. Ich füllte es ab, stellte es ins Badezimmer und freute mich auf die Reaktion meiner Liebsten, der ich mein Ergebnis zu präsentieren mich ereiferte. "Frau", legte ich mir auf die Zunge, "frohlocke, dein Mann hat sich wieder handwerklich betätigt." Bevor ich das sagen konnte, kam bereits ihre Stimme aus dem Gäste-WC: "Schatz, ist das Flüssigseife?"
Flüssigseife: Jede Mühe wert
Ich hob meine Brauen, verdrehte fachmännisch die Augen, natürlich alles hinter ihrem Rücken, und sagte: "Ja, Frau, Flüssigseife! Selbstgemacht! Fachmännisch! Plastikfrei!" Ja, das sagte ich, mit den Armen in die Hüften gestützt, wie ich das von Bob, dem Baumeister, kannte, der noch immer meine linke Schulter besetzte und grinste. Warum, konnte ich mir nicht erklären.
"Sollte sie nicht flüssig sein?", antwortete meine Holde augenzwinkernd und gab mir mein Produkt zur Prüfung in die Hand. Jetzt erklärte sich mir Bobs Grinsen. Dieser Verräter! Zugegeben, meine Flüssigseife ließ sich nicht durch den Spender pumpen. Tatsächlich ließ sie sich nicht einmal im Spender bewegen. Auch Schütteln ließ sie völlig unbeeindruckt an ihrem Aggregatzustand festhalten. Aber es war Flüssigseife. Zumindest flüssigere als der Seifenblock, als den ich sie gekauft hatte. Nachdem ich die Seife mühsam mit einem Stöckchen überzeugt hatte, aus dem Spender und aus meiner Vorratsglasflasche herauszukommen und sich bereit zu erklären, eine Emulsion mit der doppelten Menge an Wasser einzugehen, sind wir Freunde geworden. Sie steht jetzt - plastikfrei und selbstgemacht - im Gäste-WC und harrt der Gäste, die sich zwar nie beschwert hatten, ein und dieselbe Seife gemeinsam zu nutzen, aber Bob hinterfragte ja auch nie sein Tun.
In seinem Sinne: "Können wir das schaffen? Ja, wir schaffen das!"

Dem Dino knapp entgangen, entpuppte sich als Veganer
Übrigens hier ein Bild von meinem letzten Vortrag im Rahmen der Nachhaltigkeitswochen im Foyer der Frankfurter Commerzbank-Zentrale. Eine tolle Stunde mit vielen aufmerksamen Menschen. Gerade die Diskussion im Anschluss fand ich sehr anregend. Viele schöne Impulse. Vielen Dank, dass ihr da wart. Auch vielen Dank dem Dino. War vermutlich der älteste Zuhörer an diesem Tag! Immerhin hatte er miterlebt, wie das Erdöl entstand, das die Quelle des Vortragsgegenstands ist. Der nächste Vortrag wird wohl wieder in Friedberg sein. Vielleicht im Herbst. Mal schauen.


Freitag, 3. Juni 2016

Dreiundfünfzigster Schritt: Geld mit Müll verdienen

"Get rich and try recycling"
Die Abfallwirtschaft in Deutschland setzt jährlich gut 50 Milliarden Euro um. Welche Gelder die Mafia in Italien damit macht, möchte ich gar nicht wissen. Fest steht jedoch: Ich will einen Teil vom Kuchen. Natürlich möchte ich den einfachen, gesetzlichen Weg gehen und nicht die alten ölgetränkten Putzlappen aus Nachbars Garage entgeltlich für ihn unter Ommas muffiger Federkernmatratze entsorgen. Auch überlasse ich die rohstoffliche Verwertung den Profis. Allenthalben könnte ich mir vorstellen, Altholz in meinem Grill zu verbrennen, aber wer würde dafür schon zahlen? Wer zahlt ist allerdings die Recycling-Industrie. Und zwar unser anderem für leere Druckerpatronen. Gut 50 Millionen Druckerpatronen gehen jährlich über die Ladentheke, 45 Millionen davon wandern anschließend in den Müll. Schade, denn sie lassen sich einfach recyceln. Aus Unwissenheit gingen sie bei mir jahrzehntelang den gleichen Weg, und ich glaube, die Wenigsten wissen um diese einfache Methode einen Teil der Druckerpatronen zu refinanzieren. Gut 30 Euro gibt's immerhin bei "Geld für Müll" für ein Kistchen leere Kartuschen, und sogar der Versand ist kostenlos. Tja, Don Corleone! Auf diese Weise geht es auch, und zwar ohne morgens schreiend mit einem Pferdekopf auf dem Kissen erwachen zu müssen.

Dienstag, 24. Mai 2016

Zweiundfünfzigster Schritt: Mal wieder Ideen multiplizieren

Für den 3. Juni bin ich eingeladen, im Rahmen der "Deutschen Aktionstage Nachhaltigkeit" einen kleinen Vortrag zu halten. Er ist kostenlos und findet ab 11:00 Uhr in der Lobby der Commerzbank-Zentrale, Kaiserstraße 16, 60311 Frankfurt am Main, statt. Vielleicht habt ihr ja Zeit und Lust vorbeizuschauen. Ich erzähle ein Wenig vom meinem Weg zum plastikfreien Haushalt und gebe ein paar Tipps, wie auch ihr euren Plastikmüll einfach reduzieren könnt. Ich freue mich auf euch.

Mittwoch, 27. April 2016

Einundfünfzigster Schritt: Griff ins Klo

Der Griff ins Klo ist nur buchstäblich. Tatsächlich förderte er neben allerlei entsorgtem Organischem primär Papier zu Tage, und, wenn es ökologisch eingekauft wurde, immerhin nicht chlor-gebleichtes und recyceltes Papier. Leider ist es jedoch stets eingeschweißt in Plastikfolie, und zumindest die üblichen Supermärkte weisen keine Alternative dazu auf. Dieses Mal suchte meine Lebensgefährtin nach einer plastikfreien Alternative, und sie wurde fündig. Bei der Firma Kruse Reinigungstechnik und Hygienebedarf fand sie Toilettenpapier von Kimberly Clark, das papierverpackt ist. Es ist zwar nicht auf Rollen aufgezogen, sondern wird als Einzelblatt in einem Bündel geliefert. Aber das stellt kein größeres Problem dar. Es ist nur anders und bedarf der Gewöhnung. Ein wenig wie sich beim Autofahren von Automatikgetriebe wieder auf Gangschaltung umzustellen, nur halt auf dem Klo.
Vier Wochen sind nun seit der ersten Nutzung vergangen, und so sehr Getriebeschaltung ist es gar nicht. Subjektiv glaube ich, dass ich sogar sparsamer mit dem Papier umgehe, als mit dem Rollentoilettenpapier. Ein Drittel der Pakete ist nun aufgebraucht. Eine Kiste für ca. 40 Euro inklusive Versand reicht demnach gut 12 Wochen. In der gleichen Zeit hätten wir zu dritt 12 Packungen Toilettenpapierrollen verbraucht, die bei 2,50 Euro pro Packung 30 Euro gekostet hätten. Auf Plastik zu verzichten, wäre in diesem Fall ein Drittel teurer. Hinzu kommt noch der höhere Co2-Verbrauch, da es extra per Post zugestellt werden muss. Ist der Papierverbrauch jedoch tatsächlich geringer, wie subjektiv empfunden, könnte es das wieder zum Teil ausgleichen. Also mal auf die Quadratmeter schauen:

Papiergroßpackung: 36 Einzelabpackungen x 220 Blatt x 2 Lagen x 18, 6 cm Blattlänge x 11,7 cm Blattbreite ergibt 3,447 Mio Quadratzentimeter (ca. 345 m²).

Rollen in Plastikpackung:  12 Packungen x acht Rollen x 150 Blatt x 3 Lagen x 13,8 cm Blattlänge mal 9,8 cm Blattbreite ergibt 5.842 Mio Quadratzentimeter (ca. 584 m²).

Der subjektiv geringere Papierverbrauch ist also tatsächlich gegeben. Gleicht das den höheren CO2-Verbrauch aus? Ich weiß es nicht.
Hinzu kommt, dass das Papier von Kimberly Clark zwar ökozertifiziert ist und ein FSC-Label hat, aber eine Packung Toilettenpapier bspw. von Danke zu 100 % aus Recyclingpapier besteht. Gleicht das den Mehrverbrauch aus? Auch das weiß ich nicht.

Vielleicht ist das von der Plastikfreien Zone in München, die auch einen Onlineshop haben, eine weitere Alternative: 440 m² für 40 Euro, CO2-neutral produziert und papierverpackt.
Alternativ können wir es auch künftig wie Daniel Hauptmann halten, aber dann wäre die ganze Rechnerei für'n Arsch gewesen. Irgendwie ist sie das ja so oder so. Mal schauen.

Donnerstag, 24. März 2016

Fünfzigster Schritt: Angrillen ohne Herrn Weber

Juchee! Frühling! Zeit zum Angrillen. Was gibt es männlicheres für einem Mann bzw. fraulicheres für eine Frau als den rostigen Kugelgrill von den winterlichen Spinnweben bar zu machen und die herrlich frische Frühlingsluft mit den Aromen eines Waldbrandes zu begrüßen?
Ganz Mann, wie ich mich nun einmal wähne, stellte ich mich in die Balkontür und sagte: "Frau, der Lenz ist da! Wir grillen!"
Ganz Frau, wie meine Liebste nun einmal ist, ignorierte sie mich vollkommen und ließ mich solange in der Tür stehen, bis es mich fröstelte.
Jedenfalls wird morgen gegrillt. Der Steinzeitmensch in mit fordert ein Sojasteak mit Grillmuster - natürlich selbst erjagt, wie es für einen Mann seit ehedem Tradition ist. Vorab war der Gang in den Baumarkt nötig, um die nötige Kohle zu erwerben - Briketts natürlich, denn nur Anfänger grillen mit Holzkohle. Endlich eine Großpackung Bricketts, dachte ich mir, als ich den dicken Sack Weber-Grillbriketts von einem Rudel Artgenossen umgeben in seinem Gehege stehen sah. Dann hielt ich ihn in der Hand und dachte, dass sich die Verpackung doch merkwürdig glatt anfühle. Mit dem zweiten Blick erfasste ich den Zip-Beutel-Mechanismus, der den Sack wiederverschließbar macht. Grillkohle, die seit ich ein Kind war, schon immer im Papiersack zu erwerben war, in einem Plastikbeutel? Wiederverschließbar?
Der Öko in mir springt als kleiner geflügelter Kobold auf meine linke Schulter. Er trägt Birkenstock und ein gebatiktes, verwaschenes Hemd.
"Was soll denn das?", fragte er entsetzt. "Mit 11,7 Millionen Tonnen verbraucht in Europa kein anderes Land soviel Plastik im Jahr wie Deutschland. Bis zu 180 Tausend Tonnen Grillkohle wandert jährlich über die Ladentheke. Die gute Weber nun in Plastik? Wie viel Plastikmüll soll es noch werden, bis der Verstand selbst zu grillen beginnt?"
Der Steinzeitmensch in mit springt als geflügelter Kobold auf meine rechte Schulter. Im Gegensatz zum Öko trägt er nur einen langen zottigen Bart.
"Schon unsere Vorfahren grillten plastikfrei", konstatierte er entrüstet. "Was soll der Unsinn, Herr Weber? Und wiederverschließbar? Damit ich für den Fall, dass der Säbelzahntiger mich beim Grillen überrascht, meine Kohle wasserdicht verpackt durch den rettenden See ziehen kann, um am trockenen jenseitigen Ufer mein Sojasteak zuende zu grillen?"
Ich lasse die gute Weber stehen und nehme mir einen papierverpackten Kohlesack - in einem kleineren Gebinde zwar. dafür ist"ökologisch produziert" darauf zu lesen.
"So einig wart ihr euch noch nie!", sagte ich zu meinen Schultern, was die Kassiererin im Baumarkt mit einem verwirrten Brauenheber quittiert.
"Moment! Sojasteak?", hörte ich den Steinzeitkobold noch sagen, bevor er nebst Kollegen mit einem "Puff" auch für mich verschwand.
"Meine Alter Ego!", sagte ich zur Kassierin.
"Hatte ich auch mal", antwortete sie und wünschte mir schöne Ostern.
Ich freue mich auf das Angrillen. Und darüber, dass die meisten Köhler noch zu den Traditionen ihrer Väter stehen.

Donnerstag, 17. März 2016

Neunundvierzigster Schritt: Chancen nutzen und Ideen verbreiten

Was für eine hübsche plastikfreie Baumwollmütze!
Am Montag war der Hessische Rundfunk bei mir zuhause und hat mich einen halben Tag begleitet: Wir waren plastikfrei in meinem Bioladen und bei meinem Kaffeeröster einkaufen, und zum Abschluss drehten* wir noch eine Runde durch Küche, Badezimmer und Blog. Das war eine tolle Erfahrung, und ich hoffe, ich konnte damit etwas inspirieren und die Einfachheit müllreduzierten Einkaufens ein wenig greifbar machen.
Die Sendung wurde gestern Abend im Rahmen des Magazins "Service: Trends" ausgestrahlt. Es ist eine sehr informative Sendung zum Thema Plastik, die ich euch natürlich nicht vorenthalten möchte. Sie ist in der Mediathek des HR abrufbar.

* wieder so ein doppeldeutiges Wortspiel. Wie mache ich das bloß immer? ;-)

Mittwoch, 16. März 2016

Eintrag #9 - Abgeschaltet.



Aus. Vorbei. Abgeschaltet. Für immer? Hoffentlich.

Ich habe mich dabei einfach an dem Song „Throw away your Television“ von den Red Hot Chili Peppers orientiert: https://www.youtube.com/watch?v=voIjWQjbDmg

Für mich war es nach verschiedenen Schritten die nächste logische Entscheidung, mein Leben zu vereinfachen. (siehe auch http://plastic-diary.blogspot.de/2015/06/ist-technische-abrustung-gleich.html)

Das Fernsehprogramm bot mir kaum noch etwas, das mich ansprach, und ich merkte, dass ich –trotz reduziertem Fernsehkonsum- immer noch zu viel Zeit davor verbrachte und meine freien Stundensinnlos verschwendete. Ich war zudem regelmäßig paralysiert, wenn ich abends joggend durch den Ort lief und bemerkte, dass in nahezu jedem Wohnzimmer die Flimmerkiste lief.



…mein ehemaliger permanenter Begleiter… 
(wobei dies eines der besten Handballspiele war ;-))


Dabei war ich immer ein vorbildlicher TV-Konsument. Es waren weniger die Sendungen, die im Fernsehen liefen, aber im Schauen von Videos/DVDs war ich ganz groß, fast schon ein Virtuose. 

Im Alter von 16 Jahren schaute ich pro Abend zwei Spielfilme am Stück. Ich hatte eine Sammlung von 200 Videokassetten (mit je zwei Filmen) und so viele Geräte, dass 5-6 Fernbedienungenauf meinem Teewagen lagen. In meinen besten Zeiten schaffte ich es mit einem „Arena-Abo“ von Freitagabend, 19 Uhr bis Sonntagabend 20 Uhr fast Non-Stop Fußball zu schauen. Nichts gegen ein Zweitliga-Duell zwischen Meppen und Wuppertal, aber…

Nun ja: es gibt Filme, die habe ich ungefähr 30x auf DVD geschaut (damit ich nach dem Schreiben dieses Eintrags überhaupt noch Leute finde, die mit mir reden, bleiben die Titel dieser Filme geheim). 

Bleibt noch der tägliche Konsum meiner US-Lieblingsserie Bexxxly Hixxs, 90xx0 (sorry, den Titel musste ich unkenntlich machen) in den Jahren 1990 – 2015. [für diejenigen, die die Serie kennen undwissen, dass es „nur“ 293 Episoden gibt und sich fragen, wie ich das geschafft habe…Man muss jede Episode nur je 31 Mal schauen, und dann sind 25 Jahre vergangen…Ich habe das geschafft.]

Es ist wie es ist. Zeit ist eines der kostbarsten Güter, die uns zur Verfügung stehen, und ich werde dieses begrenzte Gut nun für mich besser nutzen. Mehr gute Gespräche führen.
Mehr gute Bücher lesen. Mehr NICHT konsumieren.



…abgeschaltet…


In Bezug auf die Qualität „unseres“ Fernsehprogramms fällt mir noch eine Textpassage aus dem Lied „Gegen den Strom“ von Such a Surge ein: https://www.youtube.com/watch?v=jdzYL_UGkY0

„Und der private Sender zeigt mir die Realität?
Sensationsgeilheit, während sich mir der Magen umdreht.

Blutdurst, live vor Ort, die Kamera dabei,
was wären wir ohne die Asse der Polizei.

Notruf, originalgetreu nachgestellt.
Auf der Couch hautnah dabei, Action ist, was unterhält!
Augenzeugen, Video, sensationell reell,
Gier nach Action News, oder RTL aktuell.

Kinderzimmer, Blutrausch, Horror ungeschnitten.
Kinderaugen geblendet, privater Sender sendet
rund um die Uhr, Programm Kapazität,
denn für visuelles Konsumieren ist es nie zu spät.

Volks Hypnose, Gehirn Metamorphose,
der Fernseher verkabelt, der Zuschauer vernagelt,
eure Hölle ist aus Eis, ein Meer muss drunter sein.

Eure Hölle schweigt mich tot, ich schlag den Fernseher ein.“